Verjährung von Bergschaden-Ersatzansprüchen


Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) - Prof. Dr. Peter Goerke-Mallet & Prof. Dr. Tobias Rudolph, www.nachbergbau.org, peter.goerke-mallet@thga.de

Bochum, 28.07.2022


Hinweis

Im Zusammenhang mit der Behandlung verschiedenster Fragestellungen aus dem Bereich der Bodenbewegungen und Bergschäden ergab sich für Herrn Perrevort der Wunsch nach weitergehenden Informationen zur Frage der Verjährung von Bergschaden-Ersatzansprüchen.

Ganz grundsätzlich ist festzuhalten, dass derartige Ersatzansprüche nicht verjähren. Außerdem muss sich der Ersatzpflichtige (der Bergbau-Unternehmer) aktiv auf Verjährung berufen.

Im Bundesberggesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es einschlägige Vorschriften, die das Thema betreffen.

Bei diesem Dokument handelt es sich nicht um ein Dokument zur juristischen Beratung!


Bundesberggesetz (BBergG)
§ 117 Umfang der Ersatzpflicht, Verjährung, Rechte Dritter

(1) Der Umfang der Ersatzpflicht richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens im Falle einer unerlaubten Handlung, jedoch mit folgenden Einschränkungen:

 

1.    Im Falle der Tötung oder Verletzung eines Menschen haftet der Ersatzpflichtige für jede Person bis zu einem Kapitalbetrag von 60.0000 Euro oder bis zu einem Rentenbetrag von jährlich 36.000 Euro.

2.    Im Falle einer Sachbeschädigung haftet der Ersatzpflichtige nur bis zur Höhe des gemeinen Wertes der beschädigten Sache; dies gilt nicht für die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör.

 

(2) Auf die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Bergschadens finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.

(3) Für die Entschädigung gelten die Artikel 52 und 53 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch entsprechend.

 

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 823 Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

 

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

 

§ 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

 

1.    der Anspruch entstanden ist und

2.    der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

 

(2) …

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

 

1.    ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und

2.    ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

 

Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

 

Allgemeines zum Thema „Verjährung“:

Die Verjährung von Rechtsansprüchen bildet ein Durchsetzungshindernis für Ansprüche, das nur wirksam wird, wenn sich der Schuldner ausdrücklich auf die eingetretene Verjährung beruft.

In erster Linie sollen Ansprüche erfüllt werden und durchsetzbar bleiben.

Der Schuldner hat nachzuweisen, dass der Eintritt der Verjährung im konkreten Fall gegeben ist. Dieser Nachweis kann sich schwierig gestalten.

Die Voraussetzungen für die Verjährung und die damit verbundenen Fristen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Der § 117 des Bundesberggesetzes (BbergG) bezieht sich ausdrücklich hierauf.

Für Bergschadenersatzansprüche sind 3 Fristen zu nennen:

·         eine kenntnisunabhängige 3-Jahres-Frist

·         eine anspruchsentstehungsabhängige 10-Jahres-Frist

·         eine verursachungsabhängige 30-Jahres-Frist

 

3-Jahres-Frist

Diese Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte von dem Ereignis, das den Schaden ausgelöst hat und dem Verantwortlichen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB).

Man spricht von einer doppelt positiven Kenntnis des Geschädigten, nämlich vom Schaden und vom Schädiger. Der Entstehungszeitpunkt eines Bergschadens (Riss, Schieflage) ist dem Eintritt des sichtbaren Schadens im Allgemeinen vorgelagert.

Der Geschädigte formuliert seine Schadensbetroffenheit, wobei er nicht über Kenntnisse des Hergangs der Schadensverursachung verfügen muss. Die Kenntnis vom Schädiger muss sich der Geschädigte im Rahmen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verschaffen.

 

10-Jahres-Frist

Ansprüche auf den Ersatz von Bergschäden sind „sonstige Schadenersatzansprüche“ im Sinne des § 199 Abs. 3 BGB. Sie verjähren in 10 Jahren nach Entstehung, also nach Eintritt des sichtbaren Schadens.

Im Verhältnis zur 30-Jahres-Frist ist im konkreten Fall die 10-Jahres-Frist maßgebend.

 

30-Jahres-Frist

Nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 tritt eine Verjährung der Ansprüche ohne Rücksicht auf Entstehung und Kenntnis in 30 Jahren, vom schadensauslösenden Ereignis an, ein.

 

Bemerkung:

Bezogen auf den Raum Gronau-Epe ist festzuhalten, dass sich das bergbauliche Geschehen sehr langfristig vollzieht. Solange sich ein konkretes Objekt (z. B. ein Wohngebäude) im Einwirkungsbereich einer Kaverne befindet, die einem Konvergenzprozess unterliegt, ist es Abbaueinwirkungen ausgesetzt. Diese können potentiell einen Bergschaden auslösen. Damit sind die Startzeitpunkte für die 10- und 30-Jahres-Frist erst nach Einstellung der Nutzung der Kaverne und ihrer vollständigen Verwahrung erreicht. Die 3-Jahres-Frist hat praktisch keine Bedeutung, da sich der Entstehungszeitpunkt eines Schadens nicht bestimmen lässt.

Der Schaden muss dem Geschädigten bekannt sein, was bei verdeckten Schäden (z.B. an einer Grundleitung) erst nach Jahren der Fall sein kann.

Der dynamische Prozess des Bergbaus bewirkt, dass sich die Frage der Verjährung von Bergschaden-Ersatzansprüchen erst lange nach Einstellung der bergbaulichen Tätigkeit stellt.  

 

Haus- und Grundeigentümer handeln verantwortungsbewusst, wenn sie ihre Gebäude und Flächen im Auge behalten und ggf. auftretende Schäden erkennen. Sollte die Vermutung bestehen, dass es sich bei einzelnen Schäden um Bergschäden handeln könnte, ist das Gespräch hierüber mit dem Bergbau-Unternehmen zu suchen.